Die beiden Regenten von Widder und Stier, Mars und Venus, bilden ein ebenso berühmtes Götterpaar wie Sonne und Mond. Unzählig sind die Mythen über die Auseinandersetzung zwischen weiblich kultivierten und männlich archaischen Kräften. Die Mythen von Herkules, Hephaistos, Jason oder Achill lehren uns, dass wann immer das Gleichgewicht zwischen ihnen verletzt ist, es Krieg und Unfrieden gibt. Sie lehren uns aber auch, dass wir in uns selbst einen Ausgleich der sexuellen Kräfte herbeiführen sollten und sowohl männliche als auch weibliche Anteile in uns gleichermaßen kultivieren. C.G. Jung nannte diesen gegengeschlechtlichen Anteil die Anima und sah ihre Integration als wichtig an zu dem Schritt zum Meister oder der großen Mutter (Sonne und Mond). Unschwer erkennen wir auch hier den Weg von den astrologischen Prinzipien von Mars und Venus, deren Erlösung in den nächsten Schritten zu den Himmelslichtern führt, und zu der Fähigkeit einer verantwortungsbewussten Mutter- und Vaterschaft.
Dazwischen ist im Zeichen Zwillingen Merkur der Götterbote platziert. Auch um ihn ranken sich unendlich viele Erzählungen. Er soll zwischen verfeindeten Gruppen, unterschiedlichen Weltbildern und Generationen vermitteln und in sich die chymische Hochzeit vollziehen, den Stein der Weisen finden, die Tabula Smaragdina formulieren und die Gegensätze vereinen. Deshalb setzt sich sein Planetensymbol als einziges auch aus allen drei Komponenten von Geist (Kreis), Seele (Halbmond) und Körper (Kreuz) zusammen. Im Zeichen Zwilling steht er für das weltliche Wissen und die Fähigkeit zur Sprache.
Auch er besitzt eine zweite Natur, die uns im Zeichen Jungfrau und ihrem Regenten Chiron begegnet. Hier beginnt der Abstieg in die zweite Hälfte des Tierkreises hin zu den langsameren Planeten. Im Zeichen Jungfrau wird die geistige Energie gebündelt und verwertet. Jedes Wissen muss durch persönliche Erfahrung gefestigt werden, sonst verbleibt es in einem rein intellektuellen Raum. Hier ist der einzige Bruch im Tierkreis, denn die beiden Planeten Merkur und Chiron liegen nicht nebeneinander. So ein Bruch ist ja auch notwendig, denn sonst wäre die Symmetrie der Dualplaneten identisch mit der Unterscheidung von aktiven und passiven Planeten.
Merkur und Chiron bilden gleichzeitig aber auch ein Paar der Parallelzeichenregenten, auf die wir im nächsten Kapitel zu sprechen kommen. Deshalb soll an dieser Stelle auch nicht mehr über ihr Zusammenspiel gesagt werden. Zwischen Stier (Venus) und Krebs (Mond) liegend, füllt Merkur jedenfalls eine Verbindungsfunktion zwischen zwei sehr gefühlvollen und empathischen Zeichen aus. Wenn man sich die Phase der Pubertät vorstellt, wird besonders deutlich, wie dieses Verbindende des Merkurs zur Geltung kommen kann. Der Heranwachsende wird nach der schulischen Ausbildung in die besonderen Riten und Wissensbestände seiner Kultur eingeführt. Die Initiationen der Jugend führen sowohl einerseits in die Welt der Ahnen zurück (Stier, in dem der Mond erhöht steht). Andererseits lehren sie das Streben nach einem fürsorglichen Vorbild, das auf die Elternrolle vorbereitet (Krebs, in dem der Mond regiert). Die Neugier des Merkurs verbinden uns gleichermaßen mit der Anima (Venus), wenn wir die Motive des anderen Geschlechts verstehen lernen, als auch mit der Welt der Emotionen und Psychologie (Mond). Merkur wurde auch als der Psychopompos bezeichnet, der Träger der geistigen Werte und der Begleiter ins Jenseits.
Über die Verbindungsqualitäten des Chirons und des Zeichens Jungfrau habe ich im entsprechenden Kapitel viel gesagt. Das Zeichen Jungfrau folgt auf das des Löwen und muss das Ego, dass sich mit diesem herausgebildet hat, durch hingebungsvollen Dienst an eine Aufgabe, die der Allgemeinheit zu Gute kommt, wieder auflösen. Andererseits muss sie aber auch lernen, für sich selbst zu sorgen, um die Beziehungsqualitäten des nächsten folgenden Zeichens der Waage zu entwickeln. Denn jede gute Beziehung beruht auf Selbstständigkeit und Loslassen. Um die Qualitäten des Chirons als Regent der Jungfrau zu entwickeln ist sein Gegenpart Merkur ein wichtiger Faktor, der dabei hilft, das Ganze im Auge zu behalten und sich nicht in Kleinigkeiten zu verlieren.
Im Zeichen Waage und Skorpion begegnet der Mensch dann einer erwachsen gewordenen Beziehungsfähigkeit, aber auch zum ersten Mal bewusst seinen Schatten, wie sie C.G. Jung nannte. Auch hier gibt es einen Antagonimus zwischen spontan unverbindlicher Kontaktfreudigkeit (früher Waage-Venus) und Erforschung der menschlichen Abgründe (früher Skorpion-Mars). Die Symbolik des Tierkreises zeigt an, dass die Zeichen Jungfrau, Waage und Skorpion einst in einem mysteriösen Gleichgewicht zu einem Zeichen verbunden waren, vereint in der Gestalt der Demeter, der Erdgöttin, die die Ähre in der Hand hält zum Zeichen der Fruchtbarkeit und Ernte. Sie war die Mutter von Persephone (Jungfrau), die vom Hades (Skorpion) in die Unterwelt gezerrt wurde. An diese Erzählung lehnen sich auch die orphischen Mythen an, die den zentralen Einweihungsweg der dionysischen Kulte bildeten.
Dionysus war der Sohn, der aus der unheiligen Allianz von Zeus und Persephone/Core entstand. Demeter hatte ihre Tochter zwar in ein einer Höhle von Schlangen bewacht versteckt, wo sie an einem Gewand webte, das die ganze Welt zeigen sollte. Doch gelang es Zeus als Schlange verkleidet sich Zutritt zu verschaffen. Dionysus war auf mythische Art und Weise aber auch gleichzeitig der Liebhaber seiner Mutter, die sich einst wie zwei Schlangen umeinander wunden. Es ist die zentrale Stelle der orphischen Mythen. Die Geschichten der Götter stellen die Spiele der Masken nach, mit denen wir in der Welt der sozialen Rollen unterwegs sind.
Wir erleben dieselben Dramen auf immer unterschiedliche Weise wieder, und solange wir nicht bereit sind, unsere Maske abzunehmen und uns der Gegenwart zu stellen. Peter Orban schreibt in ‚Verborgene Wirklichkeit‘: „Jedes Thema, das der Vergangenheit überantwortet worden ist, geht in seinen Raum, findet dort seinen Schminktisch und schminkt sich ab. Dann geht es aus dem Raum hinaus. Aus diesem gibt es nur einen Ausgang, neu einen Gang und dieser Gang führt in den Raum Zukunft. Das Thema findet sich also sofort wieder auf einem neuen Schminktisch. Es legt wieder seiner Maske auf und erscheint (irgendwann, denn in diesem Spiel gibt es ja keine Zeit), aus der Zukunft aufs Neue. Dieses Spiel wird jedesmal gespielt, wenn C+ und C- nicht miteinander versöhnt sind. (…) Alles, was aus der Zukunft kommt, kommt in Wahrheit aus der Vergangenheit (mit ein wenig neuer Schminke).“[1]
Wenn wir die Lilith als die Regentin der Waage betrachten und den Pluto als Regenten des Skorpions, dann haben wir dasselbe Zusammenspiel, wie früher Venus und Mars als Regenten der beiden Zeichen. Nur eben auf der Nachtseite, auf der die Beziehungsfähigkeiten in gespiegelter Form erscheinen. Erfahrungen sind schon gemacht worden. Wir sind nicht mehr ganz unschuldig. Wir haben schlechte Erfahrungen gemacht. Aber wir wollen trotzdem gute Partnerschaften führen. Dafür müssen wir vor allem lernen uns zu zeigen, wie wir sind. Die vielen negativen Erlebnisse haben dazu geführt, dass wir Teile von uns verstecken. In der Lebensmitte geht es darum, uns ehrlich zu machen. Und damit vermeiden, in alte Muster zu tappen.
Lilith und Pluto sind beide Regenerationskräfte, die uns transformieren helfen. Doch tun sie das auf unterschiedliche Art und Weise. Während Lilith den allgemeinen Konsens der Gesellschaft auf ein gerechtes Miteinander vertritt, Emanzipation und Mitbestimmung, so steht Pluto für das faktische Geschehen hinter den Kulissen. Lilith hat das Problem, die hohen Ideale immer wieder verraten zu müssen, weil die labilen Konstrukte politischer Bündnisse, die sie schmiedet, immer wieder zusammenfallen. Und Pluto hat das Problem, dass er oft um die Wahrheit weiß, ihm aber kein Glauben geschenkt wird. Es würde die Menschen überfordern, wenn sie die Dinge wüssten, die er weiß. Und so ist er wie Lilith auch, oft auf sich allein gestellt und kommt immer nur Stück für Stück voran. Und so entstehen ohne es zu wollen, auch in den neuen Beziehungen Abhängigkeiten und Verstrickungen.
Es entsteht ein Kreislauf der Wiedergeburten, aus dem wir nur austreten können, wenn wir unsere Beziehungsmuster aus einer höheren Warte anschauen und anerkennen, dass wir mit manchen Dingen leben müssen. Die letzten Schritte dabei sind die schwersten. Es geht im Tierkreis weiter mit dem Erwerb einer umfangreichen Weltanschauung (Schütze) und deren Einbringen in die Institutionen der Gesellschaft (Steinbock). Die Symbole der Regentschaftsplaneten Jupiter (Schütze) und Saturn (Steinbock) sind umgekehrt. Einmal steht die Materie über der Seele, einmal die Seele über der Materie. Das verdeutlicht die Notwendigkeit, sich ab einem bestimmten Punkt im Leben mit der Begrenztheit der irdischen Erfahrungen auseinanderzusetzen. Irgendwann verstehen wir, dass nicht alle unsere Hoffnungen in Erfüllung gehen und nicht alle Konflikte in der Gesellschaft so schnell lösbar sind. Trotzdem müssen wir weiter Hoffnung auf Veränderungen haben und für die Nachwelt das Gute erhalten, was wir selbst vorgefunden haben.
Die babylonischen und sumerischen Beobachter des Himmels nannten den hellsten Planeten am Himmel Ninurta, der später zu Marduk, Chronos und Saturn wurde. Sein Wappen war der löweköpfige Adler und die Schlange oder der Drache; Symbole die bis heute die Staatsgewalt repräsentieren. Die Wintermonate, in denen er regierte, waren der Regeneration und Bewahrung der Ordnung gewidmet.[2] Doch besaß auch er eine zweite, dunkle Gestalt, deren Name nicht ausgesprochen werden durfte. Der Begriff Ziegenfisch, der in der Antike auch anstatt Steinbock benutzt wurde, deutet die doppelte Natur noch an. Eine Chimäre, deren verruchte Seite noch heute dem Zeichen Steinbock als gewalttätiger Despot und doppelzüngiger Herrscher anhängt. Der Kampf von Chaos gegen Kosmos hat auf verschiedene Weise Ausdruck in der materiellen Kultur der mesopotamischen Hochkulturen gefunden, und meistens ist es ein Kampf einer ‚reinen‘ väterlichen Figur von ordentlicher Herkunft mit namenlosen Chimären und Mischwesen.[3][4]
Der Mensch sah sich in dieser Symbolik zunehmend selbst als der Hüter der kosmischen Ordnung und Herr über alle Dinge auf der Erde. Strafende Götter und Vorstellungen des Bösen waren in die Welt gesetzt und konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden. So bedurfte es zweier weiterer Prinzipien, die den Menschen zu seinem Ursprung zurückführten. Sie kommen in den letzten beiden Zeichen des Tierkreises, dem Wassermanns und den Fischen, zum Tragen. Früher wurden sie durch Jupiter und Saturn in ihrer erlösten Form repräsentiert. Heute ordnen wir ihnen die Planeten Uranus und Neptun zu und sehen in ihnen ein Versprechen auf eine ’neue Zeit‘, in der mit Uranus die Gerechtigkeit wiederhergestellt wird und mit Neptun die Teilhabe an einer ‚heiligen Gemeinschaft‘ versprochen wird, in der die Erlösung des Individuums im Vordergrund steht. Kein Einzelner soll im ewig nahenden Wassermannzeitalter mehr die Herrschaft ausüben, sondern alle aufgehen in einer gemeinsamen spirituellen oder metaphysischen Natur. Obwohl der Zodiak nun den Kreis schließt, können wir die Freiheit dieser Gemeinschaft nie ganz auskosten. Denn es ist nur eine Konstruktion unseres Verstandes.
Schon in Babylon und Sumer wurden die Planeten in ‘Übeltäter’ und ‘Wohltäter’ eingeteilt; eine Tradition, die auch bei den Griechen, Römern und im Mittelalter fortgesetzt wurde. Mars und Saturn wurden zu den ‘Malefizen’ gemacht, verantwortlich für Tod und Schrecken. Venus und Jupiter hingegen waren die Kräfte, die uns angeblich Glück bringen sollten. Dies ist sozusagen der Ursprungsgedanke der zweiten Matrix. Eigentlich nimmt die Einteilung in Wohltäter und Übeltäter eine Unterscheidung vorweg, die heute die Standardeinteilung der Persönlichkeitspsychologie ist – die Grundunterscheidung zwischen ‚agentischen‘ (agency) und kommunalen‘ (communion) Merkmalen, bekannt als ‚Big Two‘.[5] Unsere Sonne, unser Mars und unser Saturn stimmen sehr gut den Merkmalen überein, die als agentisch beschrieben werden: die des Ehrgeizes, der Kompetenz und der Strenge, während die kommunalen Eigenschaften zwischenmenschlicher Wärme, Empathie und Integrität den Planeten Mond, Venus und Jupiter entsprechen. Auch in der psychologischen Astrologie bezeichnen wir die Planeten nicht mehr als Übeltäter und Wohltäter, sondern sprechen eher von ‚harten‘ und ‚weichen‘ Eigenschaften. Damit schließt sich ein Kreis. Die Planetenpaare ergänzen sich trotz ihrer unterschiedlichen Qualität.
Agency hart extrovertiert | Sonne Selbstbew.Einfluss | Mars DirektheitEhrgeiz | Uranus IndividuationAufklärung | Saturn Effizienz Ordnung | Pluto S. Kontrolle Zuverlässigk. | Chiron Sorgfalt Legititmität |
Community weich introvertiert | Mond Fürsorge Mitgefühl | Venus Freude Ästhetik | Neptun Einsicht Resonanz | Jupiter Offenheit Wachstum | Lilith Emanzipat. Solidarität | Merkur Neugier Improvisation |
Der Preis für diese zusätzliche Matrix ist die Postulierung eine ‚schlechten Anteils‘ in einem der beiden Planeten. Es verwundert nicht, dass die Astrologie, wann immer sie mit Wahrsagerei und Okkultismus in Berührung kommt, daraus auch unnötig polarisierende Wertungen ableitete. Man verwechselt leicht das Instrument mit der Aufgabe der Fragestellung, wenn man sich nicht bewusst macht, zu welchem Zweck diese Unterscheidung einst getroffen wurde. Das ‚weiblich weiche‘ Prinzip der Venus steht in der babylonischen und ägyptischen Astrologie deshalb komplementär zum ‚männlich harten‘ Prinzip des Mars, um Kritik an den sich entwickelnden patriarchalischen Strukturen möglich zu machen. Die (kon)zentrierende Bewegung der Sonne stand komplementär zur sanften ganzheitlichen Ausrichtung des Krebses, um den Unterschied zwischen Zentralherrschaft und Basisdemokratie zu verdeutlichen. Und das jovial Erweiternde des Jupiters stand komplementär zur strikten Begrenzung des Saturn, um die verschiedenen Herrschaftsarten zu verdeutlichen, die Max Weber durch die Unterscheidung von charismatischer und traditioneller Herrschaft zu erfassen versuchte. Mit zunehmender Brutalität des Patriarchats, der Sklaverei und der Kolonialisierung zollte auch die Astrologie dem Zeitgeist ihren Tribut, indem sie den männlichen Eigenschaften höhere Priorität einräumte und z.B. die Eigenschaften der Venus zynisch herabwertete, was sich heute mit der Lilith wiederholt.[6] Doch sind das nur dialektische Spielerein. Bzw. soziologisch betrachtet Kategorien zur systematischen Erfassung von Daten, die mit ihrer Interpretation dann auch wieder dekonstruiert werden müssen.
Führt man diese Einteilung weiter, dann können wir auch den extrovertierten Uranus als typischen Vertreter des agentischen ausmachen, während der Neptun wohl das Grundprinzip des Kommunalen und sozial engagierten schlechthin ist. Es bleiben die restlichen vier Positionen im Tierkreis mit Merkur in den Zwillingen und Pluto im Skorpion, sowie Lilith, die ich der Waage zuordne und Chiron in der Jungfrau. Man könnte hier auch zunächst Platzhalter wie x und y setzen und später entscheiden, welches Planetenprinzip der Jungfrau und der Waage am besten entsprechen. Denn die Bedeutung dieses x entsteht allein aus den Qualitäten der Matrix.[7]
So, wie die Sonne und das Tagesbewusstsein jedenfalls nicht ohne die unbewussten Triebe des Mondes denkbar sind, wie aktivierende Kraft des Mars nicht ohne die mitfühlende Venus, der Realismus des Saturns nicht ohne den Idealismus des Jupiters, die Egozentrierung des Uranus nicht ohne die Vermittlerrolle des Neptuns denkbar gibt es keine absoluten Setzungen von Dogmen in der Astrologie. Kein Planet steht über einem anderen und ist unabhängig von dem Einfluss der anderen zu deuten. Aus ihrer Position in der Matrix entsteht erst ihre Bedeutung. Auch die neuen Planeten bilden Paare, in deren Interpretationskontext sie eingebunden sind. Sie repräsentieren die Konflikte, die mit der modernen Gesellschaft aufgekommen sind. In der es freie Diskurse gibt, an denen jeder Mensch gleichberechtigt teilnehmen kann und in der jeder Mensch seinen Beruf, seine Partnerschaft und seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen kann.
Die transformatorische Wirkung des Plutos ist dabei ohne die nüchtern pragmatische Sichtweise der Lilith nicht möglich. Ohne gelebte Mitbestimmung und Emanzipation (Lilith) können die inneren Wandlungsprozesse Plutos nicht zünden. Und der seriellen Verarbeitungsart des Chirons entspricht die parallele bildgebende Denkweise des Merkurs. Ohne Imaginationen gibt es keine Rückkopplung auf der rationalen Ebene, ohne vermittelnde Worte keine objektiven Erkenntnisse.
Die Raumdimensionen des Tierkreises sind identisch mit sechs sozialen Ebenen. Diese werden ausführlich in Band II beschrieben (Bleeck 2016c) und die dazugehörigen Drittrollen in Band IV ausgeführt. Die Rollen der Autoritäten und Eltern (Sonne/Mond), der Geschlechter (Mars/Venus), der Gruppen (Uranus/Neptun), des Diskurses (Merkur/Chiron), der Medien (Lilith/Pluto) und des gesellschaftlichen Status (Jupiter/Saturn). Jupiter und Saturn bilden die Rollen des Milieus, in dem es um die jeweiligen Werte und Normen geht. Zwischen den ‚Alteingesessenen‘ (Saturn) und den aufbegehrenden Zukunftsidealisten (Jupiter) entstehen z.B. Drittrollen von ökonomisch geschickten Spielern (Homo Oeconomici) in jeweils proaktiver (Trigger-Mars) und hintergründiger Form (Trigger-Neptun).
[1] Orban, Peter, 1999, Zeit im Horoskop – Auslösungen, Solare, Transite, rororo
[2] Chronos war die griechische Bezeichnung für den Planeten, Saturn die römische. Der Wortstamm hat sich in viele zeitliche Bezeichnungen übertragen wie Chronometer, chronisch oder auch Krone (die einst für eine bestimmte Zeit verliehen wurde). Im indischen ist die lineare Zeit mit der Göttin Kali und der Vorstellung von dem illusorischen Schleier der Maya verbunden, die alles Zerstörerische überdeckt. Der Planet heißt in der vedischen Astrologie Shani, hatte aber einst viele Namen.
[3] Die aufsteigende Zeit des Jahres im Frühling gehörte den innovativen Erneuerern und die absteigende Zeit des Herbstes den Bewahrern. Das eine folgte notwendigerweise auf das andere, da alles Neue eine Zeit der Regeneration benötigt. Und genauso führt nur das Wagnis des Neuen aus der Krise der Stagnation heraus. Davon erzählt auch der griechische Ursprungsmythos von Saturn, der seinen unberechenbaren Vater Uranus (Saturn in Wassermann) entmannte und aus Angst vor selbiger Tat alle seine Kinder fraß. Das Alte hat Angst vor der Erneuerung und das Neue hat in dem Moment, wo es geboren wird, Angst, als veraltet zu gelten. Die einen lebten nun also in der Zukunft und die anderen in der Vergangenheit.
[4] Hier kommt später dann auch noch die zweite Polarität Saturns als Regent der Parallelzeichen Steinbock und Wassermann ins Spiel.
[5]Sie bilden die Grunddualität der Big Five Persönlichkeitseigenschaften. Agency = Extrovertiertheit und Gewissenhaftigkeit/ Communion= Offenheit und Verträglichkeit.
[6]Wenn man Venus als weiblich bezeichnet und Mars als männlich, heißt das nicht automatisch, dass alle kommunalen Planeten weiblich sind und alle agentischen männlich. Der Mond beispielsweise kann genauso gut im Manne seine Qualitäten als fürsorglicher und empathischer Familienvater entfalten.
[7] Warum Lilith und Pluto, sowie Merkur und Chiron jeweils als Komplementärpaar existieren, wird in Band iV erklärt. Es hängt mit Drittfiguren ab, die sich über die Regentschaft in den Quadranten entwickeln.